Wie kann Service und UX Design im Gesundheitswesen zur Verbesserung der Patientenorientierung beitragen? Im Gesundheitsbereich gibt es zahlreiche komplexe Problemstellungen, die sich für eine Bearbeitung mit einem Service-Design-Thinking-Ansatz eignen. Eine davon ist die Gesundheitsversorgung von MigrantInnen. Mit unserem Projekt Anne Eli geben wir ein Beispiel dafür, welchen Beitrag Service und UX Design im Gesundheitswesen leisten kann.
In Wien haben mehr als 50% der Neugeborenen eine Mutter, die nicht aus Österreich stammt. Die Schwangerschaften von Migrantinnen verlaufen problematischer und ihre Versorgung ist schlechter als die von Nicht-Migrantinnen. Gemeinsam mit Frauen aus verschiedenen Ländern und Gesundheitspersonal haben wir in einem Service-Design-Projekt neue Ideen und Lösungswege entwickelt.
Prozess: Human-Centered Design
Im Sinne des Human-Centered Design Ansatzes arbeiteten wir während des ganzen Service und UX Design-Prozesses eng mit PatientInnen und Pflegepersonal zusammen.
User Research und Experience Mapping
Zunächst wollten wir herauszufinden wie Frauen aus anderen Ländern die Schwangerschaft in Wien aktuell erleben. Wie sieht die Patientenreise aus? Welche Probleme treten auf? Dazu führten wir zahlreiche Interviews mit Schwangeren und jungen Müttern in Ihren Wohnungen oder in Parks durch. Als großes Problem erwies sich die Kommunikation mit den Ärzten. Bei genauerem Hinhören und Nachfragen stellte sich interessanterweise heraus, dass das Problem nicht so sehr die Sprachbarriere selbst war. Vielmehr bestand es im Mangel an Information darüber, wie ein Termin genau abläuft und was von den Patientinnen erwartet wird. Insbesondere hinderte die Angst, Fehler zu machen, Frauen daran, wichtige Fragen zu stellen.
Zusätzlich zu den Interviews baten wir Migrantinnen, anhand eines Foto-Tagebuchs zu dokumentieren, was Ihnen im Alltag Freude und Motivation schenkt. Dieses visuelle Material diente als Inspiration und Information, um den Service so interessant wie möglich zu gestalten.
Darüber hinaus sprachen wir mit ÄrztInnen, Hebammen, ErnährungsberaterInnen und SozialarbeiterInnen, um die Herausforderung aus Sicht der Service-Anbieter kennenzulernen. Ein Tag im Krankenhaus, den wir gemeinsam mit dem Personal an der Rezeption verbringen durften, lieferte viele hilfreiche Erkenntnisse.
Co-Creation, Prototyping & UX Testing
Auf Basis der Ergebnisse der Nutzerforschung entwickelten wir erste Serviceideen und illustrierten diese in Form von Storyboards, User-Szenarien und Skizzen. Dieses Material diente als Grundlage für einen Co-Creation-Workshop, den wir mit Migrantinnen in einem Bezirkszentrum durchführten, um gemeinsam Ideen weiterzuentwickeln.
Im nächsten Schritt entwickelten wir Papier-Prototypen der vielversprechendsten Ideen. Wir gestalteten einfache interaktive Prototypen für digitale und nicht-digitale Services, darunter eine mehrsprachige Schwangerschafts-App, ein Gesundheits-Brettspiel, eine kultursensible Anamnese, spielerische Mini-Profile der Ärzte für den Warteraum der Notaufnahme, usw.
Diese Prototypen testeten wir mehrfach mit Nutzerinnen, sowie mit Gesundheitspersonal und überarbeiteten sie anhand des erhaltenen Feedbacks. Danach erstellten wir eine Prioritätenliste für die Umsetzung, und ordneten die verschiedenen Servicekonzepte gemäß ihres Kundennutzens, technischer Machbarkeit, Kosten und unseres Handlungsspielraums als privates Start-Up.
Ergebnis: Patientenorientierte App
In der ersten Projektphase haben wir eine Schwangerschaftsapp entwickelt. In spielerischer Form bietet die Anne Eli-App Orientierungshilfen, Gesundheitstipps und auch erste Antworten auf persönliche Fragen und Sorgen. Insbesondere hilft sie Frauen, selbstsicher im Arztgespräch aufzutreten und die Fragen zu stellen, deren Klärung für den Erhalt ihrer Gesundheit so bedeutsam ist. Motivation, Kompetenzförderung und Stärkung des Selbstbewusstseins standen bei der Entwicklung im Vordergrund.
Die App steht im Zentrum eines umfassenderen Servicekonzepts zur Verbesserung der Gesundheit von MigrantInnen, das auch Interventionen direkt in der Arztpraxis und in Krankenhäusern vorsieht.
Dieses Projekt („Anne Eli“) wurde gefördert von